Die Selige Chiara Badano
Chiara Badano kam 1971 in Sasello, einem kleinen Dorf in Norditalien, zur Welt. Der Vater war LKW-Fahrer, die Mutter Angestellte in einem Betrieb, der Amaretti herstellt. Chiara besuchte den Kindergarten und die Grundschule in Sasello, trieb Sport und lernte Klavierspielen. Sie lernte mit neun Jahren die Fokolar-Bewegung in Rom kennen und war aktiv in der Gen-Bewegung (Junge Generation) der Fokolare engagiert. Als sie 14 Jahre alt war zog die Familie in die Stadt Savona.
Mit 17 Jahren fühlte sie während eines Tennismatchs einen stechenden Schmerz im Rücken. Die Ärzte stellten bei der Biopsie Knochenkrebs fest. Mit der Zeit musste sie sich immer häufiger Krankenhausaufenthalten und Behandlungen unterziehen, und bekam immer größere Schmerzen. Eine schmerzhafte Operation blieb ohne Erfolg. Nach jeder “überraschenden” Schmerzattacke wiederholte Chiara: “Für dich, Jesus, wenn du es so willst, will ich es auch!” Bald wurde sie einer harten Prüfung unterzogen: Chiara konnte ihre Beine nicht mehr gebrauchen. Eine schmerzhafte Operation blieb ohne Erfolg. Der Schmerz war gewaltig und die junge Athletin musste dunkle Stunden erleben. Zu einer ihrer Freundinnen sagte sie zuversichtlich: “Wenn ich wählen müsste, ob ich lieber meine Beine gebrauchen oder ins Paradies gelangen will, würde ich zweifellos das Paradies wählen. Das ist das einzige, was mich interessiert.”Im Sommer 1990 beschlossen die Ärzte, die Behandlungen einzustellen, weil sich die Krankheit nicht mehr aufhalten ließ.
Mit Freude gab sie sich dem Willen Gottes anheim. Zu ihrer Mutter sagt sie öfter: „Jeder Augenblick ist kostbar; er darf nicht vergeudet werden. Wenn er gut gelebt wird, hat alles einen Sinn. Alles relativiert sich, auch in den schrecklichsten Momenten, wenn wir es Jesus schenken. Deshalb geht der Schmerz nicht verloren, sondern hat einen Sinn als Geschenk für Jesus.“ Ihren Freunden gesteht sie: „Jetzt fühle ich mich als Teil eines wunderbaren Planes, der sich mir nach und nach enthüllt.“ Ihre letzten Worte richteten sich an ihre Mutter: „Sei glücklich, denn ich bin es auch!“
Chiara starb am 7. Oktober 1990. Sie hatte alles vorbereitet: die Lieder für ihre Beerdigung, die Blumen, Frisur, Kleidung – in Weiss, als wäre es ihre Hochzeit.
Katholische Jugendliche haben nun eine neue Schutzpatronin: Chiara Badano wurde am 25. September 2010 im „Santuario della Madonna del Divino Amore“ in Rom selig gesprochen. Sie ist das erste Mitglied der Fokolarbewegung, das selig gesprochen wurde. Chiara Luce Badano starb mit 19 Jahren an Krebs. Die Norditalienerin kam im Alter von neun Jahren in Kontakt mit der Bewegung von Chiara Lubich. Sie engagierte sich sofort in der Kinder- und Jugendarbeit der Bewegung. Zu der Seligsprechnungsfeier im Wallfahrtsort „Madonna del Divino Amore“ im Süden Roms reisten Gruppen der Fokolarbewegung aus aller Welt an.
Die Seligsprechung:
Papst Benedikt XVI.: „Ein Vorbild für die Jugendlichen, eine Lichtstrahl für alle“
25.000 vorwiegend junge Menschen aus mehr als 70 Ländern waren zur Seligsprechung der 18-jährigen Chiara Luce Badano in Rom dabei, wo sie von der katholischen Kirche seliggesprochen wurde. Den Vorsitz der feierlichen Eucharistiefeier mit dem Akt der Seligsprechung im Wallfahrtsort „Madonna del Divino Amore“ hatte Erzbischof Angelo Amato, Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse.
Die junge Italienern war 1990 nach zweijährigem Leidensweg an einem aggressiven Knochenkrebs gestorben. Schon als Neunjährige hatte sie sich mit ihren Eltern der Fokolar-Bewegung angeschlossen und aus der gemeinschaftlichen Spiritualität viele Impulse für ihr Leben in der Familie, in der Schule und mit Freunden aufgenommen. „Ich habe im Evangelium den Sinn für mein Leben entdeckt“, schrieb sie an Fokolare-Gründerin Chiara Lubich. „Ich will nicht Analphabetin im Leben dieses Buches bleiben.“ Die Nachricht der unheilbaren Krankheit traf das fröhliche und sportbegeisterte junge Mädchen hart, doch sie machte sich mit unerschütterlicher Zuversicht und tiefem Glauben an die Nähe Gottes auf den Weg. Freunde, Ärzte und Eltern waren immer wieder beeindruckt von der tiefen Freude, die Chiara Badano trotz vieler Schmerzen ausstrahlte und nicht wenige fanden durch ihr Zeugnis zum Glauben.
Der Bischof ihrer Diözese, Livio Maritano, hatte sie in der letzten Phase ihres Lebens begleitet und war betroffen von der Entschiedenheit, mit der sie auch im Leiden aus ihrer intensiven Beziehung mit Gott lebte. Er war es, der den Prozess der Seligsprechung angestoßen hatte.
Am Samstagabend, 25.09.2010, hatten dann die Jugendlichen der Fokolar-Bewegung in die Aula Nervi nach Rom eingeladen, um durch Theater, Musik, Zeugnissen von Eltern und Freunden sowie Rezitationen aus Tagebüchern und Briefen von Chiara Badano die junge Selige vorzustellen.
Bischof Maritano unterstrich dabei, dass die Kirche zwar oft die „Lehrende“ sei, aber in diesem Fall durch das Beispiel von Chiara Badano auch lernen könne.
Besonders bewegend für alle waren die Worte der Eltern Badano an die 8000 Anwesenden im Saal und mehr als 20.0000, die den Abend über Großbildschirme vom Petersplatz aus mitverfolgen konnten. Spontan erhoben sich alle im Saal und brachten durch einen langen Applaus ihre Dankbarkeit zum Ausdruck. Die letzten zwei Jahre mit ihrer Tochter seien trotz aller Schmerzen die schönsten ihres Lebens gewesen, sagte Vater Ruggero Badano gerührt. Sie haben sich sehr getragen gefühlt in den schweren Monaten. Seine Frau fügte hinzu: „Unser Gruß geht vor allem an die Jugendlichen! Chiara hat ihr Leben vor allem für euch gegeben“. Sie erzählte von den letzten Momenten mit ihrer Tochter und schloss: „Chiara wollte euch die Fackel übergeben. Die Jugendlichen sind die Zukunft, sagte sie. Sie haben nur ein Leben, daraus sollten sie etwas machen!“
Die Präsidentin der Fokoar-Bewegung, Maria Emmaus Voce, sprach zum Abschluss von der Kraft, aus der Chiara Badano gelebt habe: „Die Kraft, die alles verändern kann, ist die Liebe. Wir haben durch Chiara Luce gesehen, wie wichtig es ist, dass wir den Weg gemeinsam gehen.“ Die Gemeinschaft mit anderen könne anspornen und Kraft geben, Trost spenden und Mut machen.
Beim Dankgottesdienst in der Kirche Sankt Paul vor den Mauern erinnerte Hauptzelebrant Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone an die Worte von Papst Johannes Paul II. 1990 in Santiago de Compostela. Er hatte die Jugendlichen ermutigt, keine Angst davor zu haben, heilig zu werden und in ihrem Leben ein hohes Ziel anzupeilen. Chiara Badano sei dafür ein bewundernswertes Vorbild, das man nachahmen könne, sagte Bertone. Sie habe auch unter sehr schwierigen Bedingungen auf ein hohes Ziel gesetzt und sei dabei von Familie und Freunden unterstützt worden. „Gesunde Freundschaften“ seien gerade für junge Menschen entscheidend, unterstrich der Staatssekretär des Vatikans. Den Eltern dankte er, weil sie mitgeholfen hätten, „der Kirche ein echtes Juwel eines heiligmäßigen Lebens zu schenken.“
Auf dem Rückflug von Großbritannien vor wenigen Tagen habe Papst Benedikt XVI. ihm gegenüber mit großer Wertschätzung von Chiara Badano gesprochen. Sie sei ein Vorbild gerade für die Jugendlichen. Der Papst nannte sie in seiner Ansprache zum Angelus in Castel Gandolfo, die in die Paulsbasilika übertragen wurde, einen „Lichtstrahl für alle“. Er wünsche sich, dass viele in ihr „ein Beispiel für christliche Kohärenz“ fänden, und „sich wie sie in Jesus verlieben und die Schönheit des Lebens entdecken“ könnten.
Auch aus Deutschland waren zahlreiche Jugendliche bei den Feierlichkeiten in Rom dabei. Johannes Pfeiffer (23) aus Kaiserslautern fällt es schwer, in Worte zu fassen, was er erlebt hat „Rational kann ich gar nicht erfassen, was da passiert ist. Das war etwas ganz Großes. Einige Momente haben mich sehr berührt. Sehr beeindruckt haben mich die Eltern von Chiara Luce, die liebevolle Art, mit der sie sich an den Händen hielten… Und im Saal abends hatte ich das Gefühl, als seien wir alle, Zuschauer und Akteure auf der Bühne, eine einzige große Familie“.
Maria Färber ist 26, kommt aus Halle und nimmt sich vor allem die Botschaft von Chiara Badano an die Jugendlichen mit: „Wir haben nur ein Leben, es lohnt sich, das gut einzusetzen. Chiara Luce war eine ganz normale Jugendliche, genau wie ich. Aber sie war nicht alleine. Und das bin ich auch nicht. Wir können diesen Weg gemeinsam gehen.“
Christina Mayer ist 26, kommt aus Stuttgart und ist evangelisch. „Ehrlich gesagt, bin ich eher wegen des Rahmenprogramms der Fahrt mitgekommen, nicht so sehr wegen der Seligsprechung. Aber ich muss sagen, mich haben die Veranstaltungen sehr beeindruckt! So viele Jugendliche aus ganz verschiedenen Ländern! Bei der Eucharistiefeier habe ich mich plötzlich Chiara Luce sehr nahe gefühlt, auch wenn ich nicht zur Kommunion gegangen bin und das immer ein schmerzlicher Augenblick ist. Als dann die Eltern abends sagten, dass Chiara ihr Leben für uns alle gegeben hätte und dass sie jetzt in uns allen lebt, konnte ich das gut nachvollziehen: Das ist für mich wirklich so!“
Was ist die Fokolarbewegung:
Die Fokolar-Bewegung ist eine in 182 Ländern vertretene Bewegung von Menschen, die sich für Einheit und Geschwisterlichkeit engagieren. Sie ist 1943 in Trient entstanden und wird zu den christlichen Aufbruchsbewegungen des 20. Jahrhunderts gerechnet. Ihre Ursprünge liegen in der katholischen Kirche, doch engagieren sich in der Bewegung inzwischen Christen aller Kirchen. Außerdem fühlen sich ihr Menschen anderer Religionen und nichtreligiöser Weltanschauungen verbunden. Die Schwerpunkte der Fokolar-Bewegung liegen deshalb sowohl im gesellschaftlich-sozialen, als auch im kirchlich-religiösen Bereich.
Sie arbeitet für die Einheit unter den Christen, die Verständigung unter den Religionen und unter Menschen aller Weltanschauungen. Weltweit unterhält sie 63 Schulungszentren und 35 kleine Modellsiedlungen. Ende 2007 hat sie eine Universitätgegründet, die sich im Aufbau befindet und ab Oktober 2008 einen Masterstudiengang in „Grundlagen und Perspektiven einer Kultur der Einheit“ in Loppiano (Florenz) anbietet.
Die Fokolar-Bewegung unterhält internationale Initiativen, die von der EU gefördert werden wie z. B. „Stark ohne Gewalt“ (Präventionsprojekt gegen Gewalt an Schulen, im Rahmen von Daphne II) und „Corroborantes“ (Lernpartnerschaft im Rahmen von Grundtvig). Mit zwei ihrer Sektionen (New Humanity und AMU = Azione Mondo Unito) arbeitet sie als NGO bei der UNO. Außerdem ist sie Mitglied in der WCRP (World Conference of Religions for Peace).
Die Gründerin Chiara Lubich wurde durch vielfältige Auszeichnungen gewürdigt: Sie erhielt u.a. 1977 den „Templeton-Preis für den Fortschritt der Religionen“, 1988 den Preis zum Augsburger Friedensfest, 1996 den UNESCO-Preis für Friedenserziehung, 1998 den Menschenrechtspreis des Europarates, 2000 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist Ehrenbürgerin der Städte Rom, Florenz, Palermo, Buenos Aires u.a. Sie bekam 16 Ehrendoktor- würden angetragen, zuletzt im Januar 2008 von der Hope University (Liverpool).
In Zahlen: Die Fokolar-Bewegung umfasst weltweit über 2 Millionen Freunde, von denen sich 141.000 verbindlich in festen Gruppen engagieren – in Deutschland sind es 37.000 Freunde, von denen knapp 5.000 zum Mitarbeiterkreis zählen.